Von hier bis zum Mond…

Es ist wieder einmal Valentinstag. Seit einigen Jahren schaffe ich es tatsächlich nicht, meine Bekanntschaften so zu timen, dass hier mal ein Strauß Rosen für mich rausspringen würde. Aus Mangel an romantischen Geschenken, die ich nicht auspacken kann, habe ich mich damit beschäftigt, eure Geschichten zu lesen. Valentinsgeschichten in jedem Blog, Herzchenbilder und öffentliche Liebesgeständnisse auf Facebook. Meine Twitter Timeline quillt förmlich über vor lauter #Valentinstag Hashtags. Das für mich interessante an diesem Tag ist folgendes: Heute, aber nur heute, geht es dem glücklichen besser und dem unglücklichen noch viel schlechter. Ein Tag wie jeder andere, mit ein paar Herzchen verziert. Und doch verführt er uns, zur Intensivierung und öffenticher zur-Schau-Stellung unserer Gefühlslage.

Ich liebe dich – bis zum Mond und wieder zurück!

Es ist klischeehaft, ja, aber Klischee hin oder her, der Valentinstag ist für Pärchen. Es ist der Tag, an dem aufgeholt wird, was in manch verstaubter Beziehung über das letzte Jahr hinweg versäumt wurde. Es werden Frühstücke an Betten gebracht, Blumen und Schokolade ins Büro geschickt, Gedichte geschrieben, Lieder vorgesungen, Kerzen entzündet, heiße Nächte verbracht. Natürlich bräuchte man streng genommen nicht einen besonderen Tag im Jahr um all das zu tun. Jedoch wird man oft als Paar mit der Zeit etwas faul. Man versäumt, dem anderen mitzuteilen, wie sehr man ihn schätzt. Kleine Aufmerksamkeiten werden rar. Man denkt, es sei nicht nötig. Wir alle wissen, dass es sogar essentiell wichtig ist. Nun kommt der Valentinstag daher, und es wird nachgeholt. Je doller, desto oller das letzte Jahr. Wohl am meisten nachzuholen haben die, die besonderen Wert darauf legen, dass die ganze Welt erfährt, dass der Hansi seine Susi ganz unfassbar arg liebt, bis and Lebensende und noch weiter quasi. Schau her, Welt! Wir lieben uns! Erblasse vor Neid!

Es steht mir nicht zu, die Liebe, die zwischen zwei Menschen besteht, zu beurteilen. Allerdings muss ich schmunzeln über die Tatsache, dass tagtägliche Auseinandersetzungen über lapidare Alltagsproblemchen, akuter Mangel an Interesse für den Partner oder ständiges Nörgeln und Schimpfen plötzlich für einen magischen Tag pausieren. Dann schreibt der Hansi seiner Susi nämlich eine herzerweichende Nachricht auf die Facebook Pinnwand, die dann all ihre 589 Freunde bestaunen können. Dies auch ungeachtet dessen, dass bei der Leserschaft die Augen rollen und die Stirn gerunzelt wird. Hat er sie nicht letztes Jahr betrogen? Oder sie ihn?

Ich hasse dich – bis zum Höllenschlund und nicht zurück!

Wir sind also beim Thema Extreme. Heute kommen nicht nur die sich extrem liebenden zum Zuge. Auch diejenigen, die extrem allein sind. Die Frust-Singles. Wahrscheinlich hat jeder von uns [mich selbst natürlich nicht ausgeschlossen] mal einen Valentinstag auf diese Art und Weise verlebt. Sie hassen die Pärchen. Sie scheißen auf die Liebe. Sie beißen Rosen die Köpfe ab, heulen, betrinken sich und sind sentimental. Heute geht es ihnen schlechter als JEMALS zuvor. Wenn gerade keine passende Liebeskummergeschichte parat liegt, kramen sie eben eine alte aus. Der/Die Ex-Partner(in) wegen dem sie eigentlich schon mehr als genug Tränen vergossen haben, wird zurück ins Gedächtnis gerufen. Zur Not werden alte Fotos rausgekramt, erinnerungsträchtige Lieder gehört. Da liegt sie vor ihnen, die dreckige Pfütze des Selbstmitleides. Mit Köpfer hinein und ordentlich suhlen. Alleine? Niemals! Es werden Freundinnen angerufen (am liebsten Pärchenfreundinnen, des schlechten Gewissens wegen), denen Leid geklagt wird. Wir finden gefühls- und leidensschwangere für die Öffentlichkeit bestimmte Nachrichten à la „Man sagt Zeit heilt Wunden, doch man gewöhnt sich nur an den Schmerz“ all over the place. „Ich geh mich jetzt mal betrinken“ oder „Ich weine mich mal eben in den Schlaf“ wird ebenfalls öffentlich kundgetan.

Warum leiden sie heute? Warum heute mehr als an anderen Tagen? Um noch mehr zu zeigen, dass es Menschen gibt, die nicht glücklich verliebt sind? Kann es sein, dass sich der Frust-Single verrennt? Dass er vielleicht bereits geheilt ist, im Geiste und im Herzen, sich aber so sehr an die Rolle des Leidenden gewöhnt hat, dass er davon nicht ablassen will? Angst hat?

Unöffentliche Gefühle

Heute ist Donnerstag. Ein Tag wie jeder andere. Ich bin Single. Ich leide nicht. Ich liebe nicht. Ich bin neutral. Ich freue mich, ich zu sein, jeden Tag aufs Neue. Ich sehe mir an, was um mich herum passiert und wundere mich. Muss das denn alles sein?

Mit mir sind die wahren Liebenden. Für sie ist der heutige Tag auch wie jeder andere. Nur dass sie heute als Sahnehäubchen noch ein kitschiges Valentins-Kärtchen bekommen. Sie führen Beziehungen mit Hochs und Tiefs, Freude und Leid, Streit und Versöhnung. Aber sie versäumen es nicht, einander zu schätzen. Den anderen spüren zu lassen, dass man ihn liebt. Sie sind aufmerksam, sie sind respektvoll, sie überraschen, sie lieben. Sich. Mit mir sind die wahren Leidenden. Für sie ist der heutige Tag auch wie jeder andere. Sie leiden im Stillen. Nicht nur heute. Sie vermissen, sie bereuen, sie weinen, sie verzehren sich. Sie bemitleiden sich nicht selbst. Sie sind einfach traurig.

Heute ist Donnerstag. Liebt! Auch morgen noch…

xoxo_Carrie_2

8 Gedanken zu “Von hier bis zum Mond…

  1. Wundervoll beschrieben!
    Ich weiß nicht wieviel Valentinstage ich als Single verbracht habe, sicher viel mehr als ich den Tag in einer Beziehung erlebt habe, aber mal ehrlich: Bedeutet hat es mir nie etwas. Entweder ist die Beziehung gut und dann ist sie es auch die Wochen vor diesem Tag oder sie ist schlecht, dann wird auch dieser eine Tag daran nichts ändern.
    Und die Pärchen, die an diesen Tagen öffentlich ihre Liebe zur Schau stellen, die habe ich immer eher müde belächelt…sowohl als Single, als auch als…nicht Single (was ist das Gegenteil?).

  2. Sehr schöner Text! Ich muss zugeben, dass mich heute die ganze Facebook-Valentins-Seligkeit auch ein wenig gepiekt hat. Aber es piekt mich jeden Tag, wenn ich so richtig glückliche Paare sehe. Mir geht es besser als je zuvor als Single, aber ich bin trotzdem etwas neidisch. Und du hast recht, die Anti-Fraktion ist genau so ätzend. So, und jetzt geh ich mit ner Freundin Wein trinken – wie jeden Donnerstag 🙂

    • Auch ich habe von zeit zu Zeit Neid Momente. Die haben wohl die in Beziehungen lebenden Menschen genau so. Aber der neid macht uns nur verbittert. Und verbitterte Frauen will keiner. Also lass ich es 🙂

  3. So mus ich also feststellen, dass ich als Single ein doch sehr glücklicher Mensch bin!
    Nichtsingels scheinen unglücklicher zu sein.

    Also mein Valentinstag (hab wie immer nicht an die Feiertage gedacht) war wieder ein sehr schöner Tag, an dem ich glücklich sein durfte mit dem was ich habe!

    … auch jetzt, wo ich grad erwacht bin,, bin ich schon wieder glücklich! … und es ist schön glücklich zu sein.

    *denk* Mh … is ganz schön viel „glücklich“ in diesem Text drin …. aber is mir doch egal *enddenk* 🙂

    Wünsch Allen einfach mal ein wunderglückliches Wochenende!!!

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