Prosit honey!

Wir gehen uns das mal anschauen war unser Tagesmotto. Hin, glotzen, Bier trinken, heim gehen weil am nächsten Tag die Arbeit rief. Zum Glück ist ein guter Plan immer anfechtbar. Es gab kein Weg drum herum. Wer in der Bierhauptstadt der Welt lebt, muss auf die Wiesn. Wir hatten uns einen Abend unter der Woche ausgesucht, uns in unsere Dirndl geschmissen, Busen hochgeschnallt und los gehts. Nach einer kurzen Runde über das zum Glück zu diesem Tag nicht komplett überfüllte Riesenvolksfest, vorbei an den üblichen Alkoholleichen und sich daneben benehmenden Touris und Teenagern fanden wir schnell ein Plätzchen in einem der Biergärten. Wir einigten uns, uns erst mal ein Radler zu teilen, erst mal die Lage zu checken. Schnell stellte sich heraus, dass der Mangel an Platz kombiniert mit einem allgemein erhöhten Alkoholpegel die Kontaktfreudigkeit der Besucher deutlich erhöhte. Meine auch. Nachdem wir erfolgreich eine Gruppe pubertierender Teenager von unserem Tisch vertrieben hatten kamen wir schnell mit drei Amerikanern ins Gespräch. Doug, dessen Freund (Name?) und dessen Bruder (Name?). So seltsam Amerikaner auch oft sein mögen, in einer solchen Situation sind sie wunderbar unkompliziert. Sie machen ein Foto von uns, wir machen ein Foto von ihnen mit ihren gerade erstandenen Bierfasshüten und schon beginnt man zu quatschen. Wer seid ihr, was macht ihr, wie gefällt euch das Oktoberfest und so weiter und so fort. Ein richtig sympatisches Trio. Also liessen wir uns überreden, auch unseren zweiten Biergutschein einzulösen und noch ein bisschen zu bleiben. Ein bis zwei weitere gesponsorte Mass und einigen verstohlenen, flirtenden Blicken zwischen Doug und mir später hatte ich einen Verbündeten gefunden, der sich bereit erklärte, mich auf die Fahrgeschäfte zu begleiten. Er sagte wohl ja weil er nicht so genau wusste worauf er eigentlich antwortete während er mein beeindruckendes Dekoltee bewunderte.

Also machte sich die Truppe auf den weg zum sogenannten „Superpuker“. Mittlerweile war es dunkel geworden und schon auf dem Weg dort hin berührten Doug und ich uns immer wieder zufällig. Die Stimmung war sehr angeheitert und da wir Durst bekamen gönnten wir uns alle noch einen Vodka Bull to go. Beim Superpuker angekommen konnte ich  mit meinen begeisterten Beschreibungen schließlich alle überreden mitzufahren. Und es hatte sich gelohnt! Erstens weil ich mir endlich beweisen konnte, dass mir auch nach dem Verzehr von Alkohol bei Fahren schneller Fahrgeschäfte nicht schlecht wurde, und zweitens weil die Stimmung durch den gesteigerten Adrenalinwert nur noch besser wurde. Die Jungs hatten beschlossen: Wir fahren alles was schnell ist, und Autoscooter. Also zogen wir los und auf einmal nahm Doug meine Hand, zog mich zu sich und küsste mich. Einfach so (Memo an mich: Eventuell hat das mit dem Adrenalin zu tun, nächstes Date im Freizeitpark). Ich schmunzelte und genoss. Also verbrachten wir die nächsten Stunden damit über die Wiesn zu schlendern, Autoscooter zu fahren und immer wieder von der Gruppe zurückzufallen um wild zu knutschen. Ich bekam Komplimente, ich bekam eine Rose, ein Lebkuchenherz, Klischee pur also und das war einfach wunderbar. Die wohl lustigste Situation war als wir in der Bierbar neben dem überdimensionalen Kettenkarussell standen und ich spasseshalber anmerkte dass es doch unglaublich romantisch wäre damit zu fahren, die Lichter der Stadt zu sehen, Händchen zu halten… Doug liess sich überreden und als wir uns gerade auf den Weg machten, konnten wir gerade noch einen Blick auf den Herrn im Kettenkarussell erhaschen, der leidenschaftlich während der Fahrt seinen gesamten Mageninhalt in die Nacht entleerte. Romantische Stimmung…fail!

Ich wollte nicht, dass der Abend endete, ich genoss die Zuwendung und die netten Worte. Also zog die Truppe weiter in die Hotelbar. Nach einer Flasche Wein war ich bereit für einen One Night Stand. Eigentlich ist das nicht mein Ding. Wenn dann bin ich der Affären Typ aber ONSs habe ich nie. Der Gedanke daran einen wildfremden mit nach Hause zu nehmen missfällt mir aus unerklärlichen Gründen, ich tue mir einfach schwer meinen Vorteil an der Sache zu erkennen. Aber dort, in diesem Moment, mit drei Mass, einem Vodka Bull und einer halben Pulle Wein intus wollte ich es. Dringend! Ich war unglaublich selbstbewusst und gab meinen Bedürfnissen Ausdruck. Schon flitzte er los an die Rezeption um nett zu fragen ob er nicht noch mit seinen einemillion Punkten ein weiteres Zimmer buchen könne. Negativ. Ich hatte das Gefühl dass er eventuell etwas zu angetrunken wirkte also nahm ich die Sache selber in die Hand. Ich ging an die Rezeption und machte der netten Dame unmissverständlich klar dass es lebenswichtig ist, dass ich jetzt in diesem Moment ein Zimmer bekomme um Sex zu haben. Ja das habe ich genau so gesagt, ich klang dabei kein bisschen verzweifelt sondern bestimmt. Auch das änderte nichts an der Situation. Mist. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke hatte die Option auf Sex bei dem Pegel nie bestanden, aber ich wollte es zumindest versuchen. Also schnappte ich ihn mir, stellte mich auf die Strasse um ein Taxi anzuhalten (das war unüberlegt) und karrte ihn zu mir. Sex hatten wir tatsächlich nicht. Allerdings verbrachten wir die ganze Nacht damit zu knutschen und zu fummeln, er sagte mir im 10 Minuten Takt wie toll ich bin und wie gut ich küssen könne. Und es war genau richtig so. Ich bin meinen Prinzipien treu geblieben, denn knutschen fällt nicht unter die Sparte one night stand, hatte Spass und habe mich endlich mal locker gemacht. Um vier Uhr morgens fuhr er ins Hotel zurück um seine Taschen zu packen und ich…. ich schlief eine Stunde, flößte mir einen Liter Kaffee ein und ging zur Arbeit…

Auch wenn Doug sich an einige Teile unserer gemeinsamen Nacht nicht mehr ganz genau erinnern kann habe ich genug Eindruck auf ihn gemacht, dass er mir immer noch emails schreibt, und euphorisch Urlaube nach St. Thomas und Dublin mit mir plant, die niemals stattfinden werden, mir aber auf eine gewisse Art und Weise ein guten Gefühl verschaffen… 🙂 Und wer weiss…die nächste Wiesn kommt bestimmt…. Prosit!